Nepal Reisebericht von Thorsten Kreppenhofer

Unser Reiseteilnehmer Thorsten Kreppenhofer berichtet hier von unserer vergangenen Reise nach Nepal in den Himalaya im Oktober 2018.
Dieser Reisebericht gibt bestimmt vielen eine Antwort auf die Frage: kann, oder sollte ich solch eine Reise auch einmal unternehmen?

 

Nepal – Große Annapurna Runde 2018 – „Eine Reise zu mir“

Vor etwas mehr als einem Jahr, bin ich zur WechselZone gestoßen – nicht unbedingt als Triathlet, sondern um mir nach einigen gesundheitlichen Problemen neues sportliches Leben einzuhauchen. Dies sollte sich als absoluter Glücksfall erweisen, wobei hier die enge Kooperation der Akademie an den Quellen, bei der ich einen gewichtigen Teil meiner Behandlung wahrgenommen hatte und der WechselZone der Schlüssel für mich war, um diese Tür überhaupt erst aufzumachen. Der Fokus lag im Besonderen auf dem Schwimmen, dass ich mit der professionellen Unterstützung durch Markus richtig erlernt habe und mich nach inzwischen ca. 80 Trainingseinheiten gut über Wasser halte. Das Ganze macht großen Spaß und ich habe viel Freude im Becken entwickelt, trotz der Disziplin die es gerade am Anfang braucht, um die frühmorgendlichen Einheiten wirklich durchzuziehen. Mir geht es auch dadurch wesentlich besser und man kann festhalten, dass ich dieses neue Lebensgefühl nicht mehr missen möchte.

Nun, was hat das Ganze mit Nepal zu tun? Sicherlich war das Training für mich persönlich einer der Faktoren, um mit einem guten Gefühl, eine derartige Reise überhaupt erst antreten zu können. Nach langer Abstinenz vom Sport, habe ich mich durch die Einheiten besser kennengelernt und konnte das auch besser einschätzen: Was bin ich im Stande zu leisten? Wo sind die Belastungsgrenzen? Dazu habe ich eine recht gute Grundkondition entwickelt, die sicherlich nicht geschadet hat. Aber der Reihe nach…

Schon in meiner Jugend war ich begeistert von der Bergwelt, war des Öfteren wandern in den Alpen und immer sehr inspiriert von Büchern der Herren Kammerlander, Messner oder auch anderen in dieser Riege. Dazu kann ich eine gewisse Nähe zur Spiritualität nicht abstreiten. Der Wunsch einmal in den Himalaya zu Reisen, war definitiv gegeben, da dort all diese Elemente, die mir gefallen gebündelt zu finden sind. Man könnte es als glückliche Fügung bezeichnen, dass die Wechselzone mir genau dies ermöglichen sollte.

Die Entscheidung es dann tatsächlich anzugehen, ist nach einer von Markus‘ Nepal Präsentationen gefallen. Manchmal muss man Dinge im Leben einfach tun – auch gegen Wiederstände oder scheinbar unlösbare Konstellationen. So galt es für mich die notwendige Zeit freizuschaufeln und auch die Budgetfrage zu klären. Schlussendlich war es dann doch einfacher als zunächst angenommen und die Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer war riesengroß. Die Vorbereitung zog sich über mehrere Wochen, mit der Sichtung und dem Kauf der notwendigen Ausrüstung (Stichwort „Schlafsack“). Eine spannende Zeit, um sich richtig einzustimmen, mit den Gedanken eine Reise in ein Land anzutreten, zu dem man zwar viel gelesen und gehört hat, trotzdem nicht sagen kann was einen wirklich erwartet. Man muss es mit den eigenen Augen sehen! Währenddessen haben auch weitere Freunde der WechselZone ihre Zusage gegeben, bei der Reise dabei zu sein. Dadurch gab es von Anfang an einen tollen Spirit in der Gruppe, man hat sich im Vorfeld getroffen und ausgetauscht – alles war bestmöglich vorbereitet. Auch die Teilnehmer, welche über den Reiseveranstalter Diamir am Tag der Abreise dazugestossen sind, haben sich nahtlos in die Gruppe eingefügt.

Die ersten Eindrücke in Kathmandu waren überwältigend. Ein wahrer Schmelztiegel, wild, laut und ungezähmt. Meilenweit entfernt von der westlichen Welt, wirklich um sich darin verlieren zu können. Unsere erste Homebase im Kathmandu View Hotel, mit der unglaublich freundlichen Gastgeberin Pema und dem Kennenlernen der Guides und Träger, war ein gelungener Auftakt für all das was noch kommen sollte. Den Transfer in zwei Jeeps heraus aus Kathmandu, zum Ausgangspunkt der eigentlichen Trekkingtour, werde ich definitiv nicht so schnell vergessen. Eine 11-stündige Fahrt mit wahnsinnig vielen Eindrücken der Umgebung: Ausläufern der Hauptstadt, kleine Dörfer am Wegesrand, grüne Hügel und wilde Flüsse, dazu subtropisches Dschungel-Feeling auf Schotter- und Schlammpisten zum Ende der Fahrt – sehr intensiv, nur noch übertroffen vom ersten Anblick eines Achttausenders in meinem Leben, dem Manaslu (8163 Meter).

Die gesammelten Eindrücke dienten als Ouvertüre für den Startschuss der Wanderung in Jagat auf 1300 Metern. Es ging endlich los! Die ersten Tagesetappen waren eine gute Orientierung und auch nicht allzu schwer. Das Durchlaufen der fantastischen Natur, gepaart mit dem Kennenlernen des „Lodge Life“ und Teams standen zu Beginn im Vordergrund. Der Blick auf die Annapurna II mit 7937 Metern während unseres Aufenthalts in Pisang (3200 Meter), hat sich geradezu eingebrannt. Wunderschön! Oft halte ich mich am Ende der Gruppe auf, dass Wandern wird mehr und mehr zur Meditation. Ein Schritt folgt dem nächsten, keine Gedanken im Kopf, einfach nur laufen und genießen. Die Menschen die in ganz einfachen Verhältnissen leben, haben mich sehr beeindruckt. Nepal ist eines der ärmsten Länder der Erde, trotzdem haben die Nepali so viel zu geben. Die Gastfreundschaft und Zuvorkommenheit sind großartig, dazu fällt kein böses Wort, keine schlechten Emotionen und Aggressionen wie man das zum Teil aus unseren Gefilden kennt.

Wir gewinnen stetig an Höhe und erreichen Manang auf 3540 Metern. Ein sehr schöner Aufenthalt. Der Austausch mit Trekkern aus der ganzen Welt ist sehr inspirierend und fasziniert mich. Alle haben tolle Geschichten parat und erzählen begeistert von Ihren Zielen und gemachten Erfahrungen. In Manang stand auch ein Akklimatisations- und Ruhetag auf dem Programm, den wir zur besseren Höhenanpassung zu einer Wanderung auf 4000 Metern genutzt haben. Hier hatte ich das ersten Mal Schwierigkeiten, da ich den Weg zu schnell angegangen bin. Die grandiose Aussicht entschädigt aber für die Anstrengungen! Highlight auf dem Rückweg, war der Besuch des 400 Jahre alten Klosters Braga in dem die Gruppe vor der bevorstehenden Passüberquerung gesegnet worden ist. Das hat mich sehr berührt und ging wohl tatsächlich allen so. Spürbar ist inzwischen die Anspannung vor den nächsten entscheidenden Etappen, um den Thorong-La Pass zu erreichen. Fast jeder hat mit kleineren Blessuren zu kämpfen oder ist erkältet – der Wille ist aber bekanntlich alles und es ist jeden Tag aufs Neue bewundernswert, wie wir uns die Berge hinaufkämpfen! Ein besonderes Kompliment muss man an dieser Stelle unseren Trägern machen. Was die Jungs leisten, ist enorm und lässt mich sprachlos zurück. Auch unsere Guides und im Besonderen unser Chef Guide Sanju Pradhan, agieren absolut großartig und haben das Geschehen jederzeit unter Kontrolle. Der Aufstieg zum High Camp auf 4900 Metern war dann ein Sahnetag des gesamten Teams, der uns bestmöglich auf die Königsetappe am folgenden Tag eingestimmt hat. Die Nächte in solchen Höhen sind im Übrigen nicht ganz so angenehm. Ich schrecke oft hoch und ringe nach Luft – alles geht etwas schwerer von der Hand und an wirklichen Schlaf ist ohnehin nicht zu denken. Um 4 Uhr in der Frühe geht es dann in Richtung Pass auf 5416 Metern. Der Weg zieht sich und ich bekomme Probleme, fühle mich schlapp und schwindelig. Komme nur noch ganz langsam voran, wie im Gänsemarsch, mehr geht nicht. Sanju ist an meiner Seite, was mir in diesem Moment sehr geholfen hat. Ich konzentriere mich nur noch aufs Atmen und Gehen, immer weiter! Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich die Gebetsfahnen auf der Passhöhe flattern. Endlich da! Markus nimmt mich in Empfang und wir beide haben Freudentränen in den Augen, ein sehr emotionaler Moment. Ich hätte das mit all meinen Problemen vor einem Jahr nicht für möglich gehalten, nun auf einem der höchsten Pässe der Erde zu stehen. Ein wahnsinnig tolles Gefühl, dass ich niemals vergessen werde.

Glücklich steigen wir nach Muktinath (3760 Meter) ab, genießen die nach dem kargen und eisigen Fels nun zunehmend wüstenartigere Umgebung, des am Horizont schimmernden Königreich Mustang. Es war ein sehr langer Abstieg, auf uns wartete aber das mit Abstand coolste Guesthouse, dass Hotel Bob Marley. Hier „feierten“ wir unseren Erfolg bei köstlichen Speisen (die Verpflegung und lokale Küche war überall super lecker) und einigen großen und kleineren Kaltgetränken. Der nächste Morgen wartete mit einem fantastischen ersten Blick auf den Eisriesen Dhaulagiri (8167 Meter) auf uns. Wir machen uns auf den Weg durch das grandiose Kali-Gandaki-Tal, ein weiteres Highlight für mich. Das extrem windige und sandige Ambiente, mit den schroffen und steilemporragenden Bergflanken kommen einem vor, als wäre man auf einem anderen Planeten. Eine gewisse Leichtigkeit stellt sich ein, die Schmerzen schwinden und der reine Genuss beim Trekken ist deutlich zu verspüren. Es geht in Richtung Tatopani auf 1180 Metern, mit seinen heißen Quellen, die uns zu einer vorabendlichen Wellness-Session animieren. Der letzte Teil der Wanderung bestand aus dem Erklimmen des Poon Hill auf 3193 Metern, einem der schönsten Aussichtspunkte überhaupt im Himalaya. Auch hier ging es in der Dunkelheit los, um einen fantastischen Sonnenaufgang zu erleben, der die umliegenden Felsriesen in goldgelbes Licht getaucht hat. Ein einmaliges Panorama, was sich da vor uns aufbaute. Nun wartete der beschwerliche Abstieg auf uns. Es müssen zehntausende in die Felsen geschlagene natürliche Steinstufen gewesen sein, die wir absteigen mussten. Für eine ganze Weile konnte ich keine Treppen mehr sehen, soviel steht fest! In Nayapul (1070 Meter) wartete der Bus auf uns, den wir mit einem melancholischen Blick zurück auf den Machapuchare (6997 Meter) in Richtung der zweitgrößten nepalesischen Stadt Pokhara nahmen. Es war vollbracht! Gute 190 Kilometer zu Fuß bei ca. 17000 Höhenmetern hatten wir absolviert. Es hat alles hervorragend funktioniert, war bestens organisiert und wir sind alle ohne schwerwiegende Verletzungen oder Problemen mit der Höhenkrankheit durchgekommen.

Am idyllischen Phewa-See, bei 30 Grad lässt es sich gut leben. Ich nutze die Zeit für ein wenig Shopping und Entspannung. Highlight in Pokhara, war der Flug mit einem Ultra-Leichtflugzeug, um den Bergen noch einmal ganz nahe zu sein. Die Szenerie aus den Lüften zu erblicken war atemberaubend. Nach einem sehr lustigen Abend im Rahmen einer kleinen Abschiedsfeier, trennen sich die Wege der Guides, Träger und unserer Gruppe. Nur Sanju begleitete uns bis zum Ende der Reise. Am nächsten Morgen ging es mit einem schönen Panoramaflug entlang der Himalaya Hauptkette zurück zur Hauptstadt. Dort haben wir noch einmal die Gelegenheit, für ein wenig Sightseeing zweier wichtiger religiöser Sehenswürdigkeiten Kathmandus wahrgenommen: Pashupatinath und Boudhanath. Am Tag darauf ging es zurück in die Heimat.

Was bleibt von der Reise? Unglaublich viel! Es war sicherlich das körperlich und mental intensivste was ich bisher gemacht habe. Es hat stellenweise weh getan, war aber absolut machbar und hat dazu geführt mich auch neu kennenzulernen. Ich hatte Zeit über vieles nachzudenken, mich neu auszurichten und auch Ballast abzuwerfen, was ich in der Form in meiner normalen alltäglichen Umgebung so nicht geschafft hätte. Ich habe viele Erkenntnisse gewonnen, die mir sehr wichtig sind. Die Definition von Glück hat sich mir komplett neu erschlossen. Es bedarf nicht viel dazu, es reicht an einem warmen Feuer zu sitzen, bei dem die Klamotten trocknen können. Eine heiße Dusche ist tatsächlich ein Geschenk Gottes. Der Verzicht und der Fokus auf das Wesentliche sind ein sehr wohltuendes Gefühl und geradezu reinigend für die Seele. Die stillen Momente in einem Kloster, einfach nur dazusitzen und „runterzukommen“. Die überwältigende Natur zu bewundern, mit den prächtigen Bergen, an denen man sich nicht satt sehen kann. Der Dialog mit Einheimischen oder Trekkern, die einem einen neuen Blick auf die Welt geben. Ich könnte die Liste endlos weiterführen. Noch nie ist es mir so schwergefallen, wieder zuhause anzukommen. Es war schon sehr bizarr, nach der Landung in Frankfurt morgens während der Rushhour in der S-Bahn zu sitzen. Schlussendlich war es nicht nur eine Reise in ein mir unbekanntes Land, sondern ich habe auch eine Person in mir entdeckt, die ebenso neu für mich war. Sehr spannend und außerordentlich erfüllend das Ganze – das gefällt mir!

Ganz besonders möchte ich Markus danken, der mit seiner Erfahrung, tiefen Kenntnissen des Landes und umsichtiger Planung, dem Team und auch mir persönlich immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist. Wäre er nicht dabei gewesen, wäre ich vermutlich nicht geflogen. Ich bin sicher, dass dies „nur“ der Auftakt für weitere gemeinsame Abenteuer sein wird. Ich freu mich drauf…